Interview mit Brigitta Stahel über das Theater Rigiblick
Brigitta Stahel ist stellvertretende Theaterleiterin. Der Theaterleiter ist Daniel Rohr, er ist Schauspieler genauso wie sie.
Was ist die Geschichte dieses Theaters?
Vor über 100 Jahren
wurde auf dem damals vollbewaldeten Zürichberg ein Kurhaus erbaut, weil da oben
die Luft anscheinend viel besser war als unter in der Stadt. Das "Kurhaus
Rigiblick" wurde damals sehr beliebt, obwohl der Weg aus der Stadt mit der
Kutsche über eine Stunde dauerte. Später, als es die Technik zuliess, bekam das
Kurhaus mit der Seilbahn Rigiblick einen eigenen Anschluss an die Stadt, was
das Theater Rigiblick später zum einzigen Theater Zürichs mit einem
Standseilbahn-Anschluss machen würde. Das Hotel hatte einen grossen Raum mit
Tanzparkett und einer Bühne, wo die Gäste immer einen schönen Abend verbringen
konnten. Doch dieser Raum eignete sich natürlich auch für anderweitige
Verwendungen und so durften Laien-Theatergruppen immer wieder den Raum mieten
um ihre Stücke zu proben und auch aufzuführen vor Publikum. Mitglied von einer
dieser Gruppen war auch Brigitta Stahel.
Als der Kanton das grosse Gebäude 2004 an den Frauenverein verkaufte, wollte dieser schon mehrere Wohnungen daraus machen, aber glücklicherweise hat sich ein Zürcher Verein dagegen gewehrt und zusammen wurde entschieden, dass das Theater erhalten bleiben soll und nun auch eine professionelle Leitung haben soll. So wurde dann der erfahrene Daniel Rohr Theaterleiter und macht seinen Job seit jeher offensichtlich sehr gut.
Welchen Einfluss hat die Lage auf das Unternehmen?
Der Ort, da oben am Zürichberg ist so ruhig und energievoll, dass damals entschieden wurde, dort einen Kurort zu errichten. Und auch wenn inzwischen weder das "Kurhaus Rigiblick" noch die unendliche Ruhe noch bestehen, ist diese Atmosphäre erhalten geblieben. Zusätzlich verleiht die einzigartige Lage auch dem Theater etwas einzigartiges, es sticht heraus aus der grossen Masse an Theatern in der Stadt Zürich. Die Leute entscheiden bewusst, den Weg auf sich zu nehmen um einen schönen Abend im Rigiblick zu verbringen, an dem sie in der fröhlichen, freien und doch ruhigen Atmosphäre ihren Alltagsstress vergessen und den Saal glücklich wieder verlassen können. Das sorgt u.a. für all die Stammgäste, die das Publikum des Theaters Rigiblick hauptsächlich ausmachen.
Was ist das Ziel des Theaters und den Vorstellungen?
Seit über 15 Jahren läuft das Unternehmen schon so, wie es das heute tut. Und seit jeher ist es das Ziel jeder Vorstellung, eine Geschichte zu erzählen. Diese Geschichte soll bei den Zuschauern ankommen, aber nicht zu anspruchsvoll oder banal sein. Die Stücke sind auch immer verbunden mit Musik, denn Musik weckt Emotionen. Wobei sie nie länger als zwei Stunden dauern, mit 20 Minuten Pause, denn dir Vorstellung soll nicht anstrengend sein. Die Zuschauer sollen auch nicht den Saal verlassen und sich denken, dass sie überhaupt nichts verstanden haben. Ein Besuch im Theater Rigiblick soll Ruhe und Zufriedenheit bringen und laut all den überaus positiven Rückmeldungen tut es das auch.
Brigitta Stahel hat
auch ausdrücklich gesagt, wie wichtig es ihnen ist, dort oben im Rigiblick eine
besondere Atmosphäre zu schaffen. Das Theater Rigiblick ist ein Ort, an dem die
Leute ihre Freizeit verbringen, sie sollen es also nur schön haben dort.
Wie ist die Struktur in dem Unternehmen?
Das Theater ist grundsätzlich ein Verein. Wie erwähnt ist Daniel Rohr der Leiter und Brigitta Stahel stellvertretende Leiterin. Zusätzlich besteht es natürlich vor allem auch aus Künstlern, wobei sie laut Brigitta eine Art Theaterfamilie geworden sind. Die SchauspielerInnen und MusikerInnen werden immer wieder für neue Stücke angeheuert. Je nach Stück kann mitmachen wer möchte, und wer für die Rolle geeignet ist. Die Künstler sind also nicht fest angestellt wie in einem Ensemble. Das macht das Theater Rigiblick auch viel flexibler als andere Zürcher Theater.
Wie wird das Unternehmen vom Kanton unterstützt?
Das Theater ist ein Verein, was ihn dazu verpflichtet z.B. auch eine Buchhaltung zu machen. Unterstützt wird er mit Subventionen. Sie bekommen pro Jahr 350'000 CHF vom Staat. Seit Herbst bekommen sie für die nächsten zwei Jahre zusätzlich noch je 150'000 CHF städtische Subventionen, sie wurden da also als einziges Theater vom Gemeinderat der Stadt Zürich bevorzugt. Dazu kommen weitere 100'000 CHF vom Kanton und auch die Unterstützung von Sponsoren und Vereinsmitglieder (1600 Mitglieder), was nochmal zusätzlich 300'000 CHF jährlich einbringt.
Wie hat das Theater die Corona-Zeit erlebt?
Die zuvor erwähnte Familienstruktur wurde dem Unternehmen dann auch etwas zum Verhängnis. Wenn jemand krank wurde, dann bekamen es andere auch und ein Stück musste bald abgesagt werden. Ansonsten war die Corona-Zeit jedoch sehr positiv (no pun intended), was auch Daniel Rohr zu verdanken ist, denn er hatte die Idee, draussen alternativ Theater zu spielen. Sie sind also im Sommer 2020 nach draussen in den Park vom Hotel und haben Open-Air-Theater gespielt. Das Hotel hat einen Food-Truck aufgestellt und die Zuschauer auf den 300 verfügbaren Plätzen haben es sehr genossen.
Jeden Abend nach der
Vorstellung haben die Darsteller sich bei dem Publikum für den Besuch bedankt und erwähnt, dass es schwere Zeiten sind, und die Künstler regelrecht in Not sind. Sie
sind nämlich nirgends fest angestellt und sehr viele Auftritte wurden zurzeit abgesagt
und v.a. gar nicht erst geplant, sodass sie dafür auch keine Entschädigungen
vom Staat fordern konnten. Deshalb haben sie einen Corona-Fonds gemacht und die
Leute haben tatsächlich unglaublich viel Geld eingezahlt. Daniel Rohr hat dann
die Künstler angerufen und gefragt ob sie Unterstützung brauchen, jene die
erwerbstätige Partner hatten haben dann abgelehnt und andere wiederum waren
unglaublich erleichtert, denn sie konnten ihre Miete nicht mehr zahlen.
Tolles und vor allem auch gehaltvolles Interview! Sie haben gute Fragen gestellt.
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